Trump, Kim und der Unsichtbare Dritte

Donald Trump kann mit dem Ergebnis zufrieden sein, Kim Jong-Un ebenfalls. Der eigentliche Gewinner des Minigipfels aber ist Beijing, denn Trump zahlt einen hohen Preis für den Erfolg.

Der nordkoreanische Machthaber hat den ‚Gipfel auf Augenhöhe‘ bekommen, den sich das Regime schon so lange gewünscht hat. Der US-Präsident musste zwar langgehegte Prinzipien aufgeben, doch dafür ist es ihm gelungen, Pjöngjang das Versprechen einer ‘Denuklearisierung’ der koreanischen Halbinsel zu entlocken. Also allseitige Zufriedenheit – sollte man meinen. Doch bei näherem Hinsehen wird verständlich, warum so viele Kommentatoren im Westen das Ergebnis kritisch sehen.

Bei den Gesprächen in Singapur saß Chinas Präsident Xi Jinping stets als unsichtbarer Dritter mit im Raum. Die Supermacht USA verfügt über keinerlei Druckmittel, um den Zwergstaat davon abzuhalten, ihr weiter auf der Nase herumzutanzen. Dass dieser nun doch Ruhe gibt und Trump sein Gesicht wahren kann, hat er ausschließlich dem Eingreifen Beijings zu verdanken, dem Kim vor wenigen Wochen einen ‘Überraschungsbesuch’ abstattete. Auch wenn jetzt die Rede sein mag von einer amerikanischen ‘Sicherheitsgarantie’ – die eigentlichen Garantien bekam Nordkoreas Führung vom großen Nachbarn und vermutlich auch Russland.

Natürlich macht Beijing das nicht ohne Gegenleistung. Wie diese aussehen könnte, wurde hier bereits analysiert – und die aktuellen Entwicklungen bestätigen die damalige Vermutung: China stellt Raketen auf seinen militarisierten (künstlichen) Inseln im Südchinesischen Meer auf, und Washington akzeptiert dies stillschweigend. Es erkennt die faktische Suzeränität Chinas über diese Meeresregion an. Damit verbunden ist nicht nur die militärische Kontrolle über eine der wichtigsten Schifffahrtsrouten der Welt (und mithin geringere Erpressbarkeit), sondern auch die Hegemonie über Südostasien.

Weiterhin erklärt Trump, künftig auf ‘Kriegsspiele’ zu verzichten und keine gemeinsamen Militär-Manöver mehr mit Südkorea abzuhalten. Diese waren in der Vergangenheit vom Norden als provokativ, gar bedrohlich angesehen worden und immer wieder Anlass für Eskalationsdynamiken. Der Handlungsspielraum der US-Armee, -Marine und -Luftwaffe in Ostasien wird damit ein gutes Stück kleiner, der Sinn ihrer Anwesenheit in Südkorea fragwürdiger.

Mit dem gestrigen Tag begann in Asien eine neue Ära. Eine Zeit der (hoffentlich dauerhaften) Entspannung auf der koreanischen Halbinsel, aber auch der unangefochtenen chinesischen Hegemonie. Der politischen, ökonomischen und militärischen Orientierung Südostasiens auf das ‘Reich der Mitte’ steht nun nichts mehr im Wege. Die Wut der (Neocon-)Mainstreampresse kann nicht überraschen, wenn Trump die US-Stellung in Asien quasi freiwillig aufgibt. Ob das eine positive oder negative Entwicklung ist, wird die Geschichte zeigen.